ich freue mich sehr, dass du dir die zeit nimmst, meinen blog zu besuchen. kritisches und lobendes, anregungen, ergänzungen und diskussionen sind willkommen!

mein dank gehört allen, die diese kleine insel in meinem alltag unterstützen!

Dienstag, 31. Mai 2011

die spinne ("maman" von louise bourgeois (1911-2010))

nachdem sich bernerinnen und berner mit ihren dates seit jahren beim loebegge getroffen hatten, ist dies nun aus der mode gekommen.

so schnell gehts, liebe frau loeb, und schon reichen die aufwendigen schaufenster ("jöööö!! chüngeli!") nicht mehr, um dem sbb-treffpunkt mitten im (kühlen) bahnhof den ersten rang streitig zu machen.

dazu muss vielleicht noch erwähnt werden, dass sich die meisten bernerinnen und berner sowieso nicht beim loebegge treffen. das tun sie nur mit von-auswärts-kommenden, agglomenschen, oder verwandten, die sich mal in die stadt trauen.
routinierte bernerinnen und berner vereinbaren andere orte als treffpunkt; orte, an denen man nicht inmitten von umhereilenden pendlermenschen und sich-treffenden-freundinnen verschiedensten alters rumsteht und sein date vor lauter wortwechseln nicht mehr sieht.

"halloooo - wie gehts?" - "suuuper! bin ich zu spät?" - "neinnein, kein problem! ich habe mir in den 10 minuten, in denen ich hier rumstand, überlegt, dass wir als erstes in den loeb könnten. ich brauche einige dinge und im loeb findet man gerade alles unter einem dach!" - "suuuper, ich komme gerne mit!"
ja, frau loeb, tolle geschäftsidee, so einen loebegge zu haben!

und nun läuft ihnen ausgerechnet eine spinne den rang ab. es gibt keinen besseren ort, um sich zu treffen, als bei dieser spinne!
sie steht in riesiger eleganz auf dem bundesplatz. in ihrer ganzen grösse wirkt sie zutraulich. sobald man aus einer der umliegenden gassen kommt, sieht man sie. verarbredet man sich bei einem ihrer beine, kann man sich kaum verfehlen (ausser, man ist sich bei deren nummerierung nicht einig). beim warten auf den anderen kann man ein wirklich grossartiges kunstwerk bewundern. beim treffen mit dem anderen hat man sofort ein gesprächsthema.

ich finde es grossartig, dass kunst in den strassen berns seinen platz findet. am letzten samstag verweilte ich bei der spinne, um mir die reaktionen der menschen anzusehen und anzuhören. es gab keinen, der an der spinne achtlos vorbeiging. sie provozierte reaktionen aller art, war bewegend, überraschend, irritierend, nahm raum ein.
eine frau mit kleinkind an der hand sprach in ihr handy: "ich bin bei der spinne! du weisst schon... ja genau! in 5 minuten hier, gut, bis dann!"

schade, wird "maman" am 7. juni wieder abgebaut. den loebegge wirds freuen.


p.s. fotos der aufstellarbeiten und ein paar informationen unter:
http://www.derbund.ch/bern/Die-monumentale-Spinne-steht/story/25728728

Montag, 30. Mai 2011

bärner märit

als kind gehörte es zu den highlights jeder ferien im ausland, auf den dortigen markt zu gehen.

als erwachsene ist der markt (sprich: märit) mein lieblingseinkaufsort geworden.
der einkauf auf dem märit vereinigt für mich feriengefühl, gesundheitsbewusstsein und bestes einkaufserlebnis. in aller regel werde ich zudem bestens unterhalten!

beispielsweise so:
ein früchtestand, es wimmelt von erdbeeren. endlich hat das warten auf die richtigen schweizer erdbeeren ein ende! das bereits gekaufte gemüse stelle ich auf den boden und schaue mich nach einem schönen körbli um (paradox! denn im gegensatz zu jenen in migros und coop sind diese erdbeeren hier allesamt reif, süss und umwerfend).
ein älteres paar gesellt sich zu mir. sie, bemüht nett: "schaust du dich dort drüben nach einem schönen köbli um?" er, zögernd: "hm." ich grinse vor mich hin (insbesondere deshalb, weil jede einzelne erdbeere vor uns strahlt und es einfach nichts, gar nichts auszulesen gibt). sie (zu mir): "tja, man muss sie einspannen!" ich, annehmend, dass sie die männer im allgemeinen und den ihren - erdbeeren beobachtend - im besonderen meint, antworte: "oh, exgüsé! ich habe eigentlich nicht deswegen gelacht!" er - unter druck, da er noch nicht das schönste gefunden hat (wie auch?) - sagt vorsichtig: "schaust du bei dir drüben?" und sie: "nein, nein! du liest aus, ich bezahle!" ich bin erleichtert, als sie in mein lachen einsteigt und also der ganze druck des erdbeeren-auslesens nur ironischerweise auf den schultern ihres mannes lastet. er, in jämmerlichem tonfall, aber jetzt auch schüchtern grinsend: "da sehen sie, unter welcher anspannung ich erdbeeren auslesen muss! das kann ja gar nicht gut kommen!"
ich bezahle meine nicht-ausgelesenen erdbeeren und die beiden tun dies einige augenblicke später auch. als ich vom stand wegschlendere beisse ich in eine erdbeere und bin entzückt.

biogemüse. frischestes frisch.
schweizer früchte, oft aus der region.
brot von meinem liebingsbäcker, an einem marktstand mit einem jungen mann, der oft langsam bedient und falsch rechnet.
käse... degustation inbegriffen. einen reifen gruyère, bitte.
blumen. frische, wilde schnittblumen. viele verschiedene kräuter, einige, von denen ich noch nie gehört habe. balkonpflanzen... und beratung dazu!
unterhaltung, nette begegnungen. zeit.

der bärner märit ist zu meiner lieblingsbeschäftigung am samstagmorgen geworden. wenn möglich an jedem samstag, nicht nur in den ferien.

p.s. der bärner märit im internet: http://www.bernerwochenmarkt.ch/index.html

Montag, 9. Mai 2011

sandkastenliebe

unser käfer ...äh boppi... ist nun definitiv im sandkastenalter angelangt.

es stellen sich dabei neue fragen:

- muss ich mit anderen müttern sprechen, während mein kind mit ihren kindern im selben öffentlichen sandkasten spielt?
- auch wenn sie mir unsympathisch sind?
(naja, die zweite frage entsteht hier durch mein höflichkeitsgefühl während den übelegungen zur ersten frage. nicht, dass deren antwort für mich eindeutig wäre...)
- darf mein kind fremdes spielzeug brauchen?
- muss ich dies jeweils anstelle meines kindes fragen, weil ihm seine sprachentwicklung dies nicht ermöglicht?
- müsste ich auch dann fragen, wenn die sprachentwicklung nicht im wege stünde?
- wen muss ich fragen: das kind, dem das spielzeug gekauft wurde oder die person, die das plastikteil gekauft und verschenkt hat?
- in wievielen prozent aller augenblicke während des sandkastenaufenthalts muss ich mein kind in seinen sinneserfahrungen und seinen motorischen fähigkeiten fördern?
- darf ich eine zeitung dabei haben?
- darf ich zwischendurch auf die überschriften der zeitungsartikeln schielen, diese entziffern und mir dann den inhalt des artikels während der beobachtung meines kleinkindes zusammenreimen?
- darf ich über gelangweilte väter lachen?
- in welchem alter muss mein kind eine sandburg bauen können, damit es als normal gilt?
- wieviele katzen und füchse und marder und mäuse haben sich jemals im sandkasten versäubert?
(schlechte frage. schliesslich wird der sandkasten pflichtbewusst zugedeckt. immer.)
- was ist das wahre geheimnis des sandelens?

das boppi kommt nun vom mittagsschlaf. ich freue mich, mit ihm zum sandkasten am waldrand zu spazieren und ihn dort glücklich im sand buddeln zu sehen. ich werde im halbschatten den unglaublich sommerlichen nachmittag geniessen. vielleicht treffe ich die nette junge mutter aus meinem quartier. wenn nicht, schaue ich, was die anderen kinder so draufhaben. oder lausche den vögeln im wald.
die heutige zeitung habe ich bereits gelesen.

p.s. matto kämpf, der mich zum lachen, staunen und denken bringt, hat sich ebenfalls dem sandkastenthema gewidmet - unbedingt lesen!: http://blog.derbund.ch/mamablog/index.php/16185/die-sandkasten-files/

boppi

in vielen schweizer dialekten gibt es spezifische, wunderbare wörter für wunderbare dinge. noch selten aber bin ich so unerwartet zu einem mir bisher unbekanntem wort gekommen - es fiel mit letzte woche buchstäblich vor die füsse.

M und ich verbrachten eine woche in den bündner bergen am julierpass. dort wanderten wir von mulegns ins val faller hinauf - eine bezaubernde hochebene mit einem kleinen valserdorf, das allerdings nur im sommer bewohnt wird.
wir waren bereits eine stunde lang unterwegs, steil aufwärts auf einem fahrsträsschen. M schob den kinderwagen tapfer den berg hinauf und der käfer schlief schon ein beachtlichen stück lang vor sich hin. niemandem waren wir bisher begegnet. da hörten wir ein näher kommendes motorengeräusch. es war ein "aebi" (die firma, die diese landwirtschaftsfahrzeuge herstellt, gibt ihnen meines wissens auch den namen), beladen mit mist.

im aebi drin sass ein alter bauer, sonnengebräunt und auch sonst viele spuren des bergbauerlebens und der sommermonate auf der alp im gesicht. nur zögerlich lehnte er aus dem bereits geöffneten fenster hinaus; umso kraftvoller kam seine frage und das anschliessende lachen:

"sölli ds boppi grad mitneh?"

seine liebevolle, jedoch rauhe männerstimme im bündner singsang und dieser so treffende ausdruck für unser bübchen, schlafend im kinderwagen, lassen mich vermuten, dass ich mit grosser freude einen neuen begriff in mein vokabular aufnehmen werde.
müsste man pro neues wort im aktiven wortschatz immer ein altes streichen, ich wüsste, welches.