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Sonntag, 15. August 2010

"wann gehst du wieder arbeiten?"

"wann gehst du wieder arbeiten?"
das fragen mich viele, nachdem der käfer nun schon grösser ist, zögerlich brei isst und scheue forwärtsbewegungen ausprobriert. ich nenne den tag, ich erkläre, wie ich das pensum aufteilen werde, wer wann mein kind betreut und welche vorteile dies bietet. ich betone, dass ich mich freue, um dann sofort zu benennen, wieso dies so ist. zuweilen füge ich noch an, dass es nicht einfach sein wird...

wieso ist es für mich als moderne, gleichberechtigungsbegeisterte, politisch links denkende frau nicht möglich, meine antwort ohne hast, ohne ergänzungen und ohne vorahnung, was wohl die folgefragen beinhalten werden, zu formulieren?
wieso kann ich nicht den tag nennen, ohne kurzen moment des zögerns, was der oder die andere nun wohl gerade denkt?
wieso bin ich selbst emotional nicht auf der sicheren seite?

es war ein kalter wintertag, als ich mein büro aufräumte und mich von meinem team verarbschiedete. es war mir wichtig, richtig abzuschliessen mit dieser zeit, in der ich berufstätige frau gewesen war.
es vergingen dann knapp drei wochen, bevor sich der käfer entschloss, mein mühsames dasein als wartende schwangere zu beenden. er kam auf die welt und vom ersten moment an umschloss er mein leben mit seinen bedürfnissen. das leben als berufstätige frau löste sich für einige zeit in nichts auf; der fokus war starr auf den käfer gerichtet.
rückblickend fanden im vergangenen halben jahr mehrere kleine abnabelungen statt; der scheinwerfer, der die käferbedürfnisse stets beleuchtete, begann sich zu bewegen und fokussierte auch wieder viele andere dinge. der käfer meisterte es tadellos, die hauptrolle zu spielen, ohne dauernd im scheinwerferlicht zu stehen. ich als seine mama schluckte ein paar mal leer, genoss aber auch und war stolz.

nun werde ich wieder zur berufstätigen frau, der mutterschaftsurlaub ist bald zu ende.
nein - neuerdings bin ich berufstätige mutter. die kombination dieser zwei worte beinhaltet viele gedanken, zweifel, aber auch vorfreude... ich werde nie mehr nicht käfers mama sein und ganz bestimmt wird dies meine berufstätigkeit beeinflussen. im besten fall - von dem gehe ich hoffnungsvoll aus - wird die arbeit mein mama-sein auch beeinflussen und mich zu einem ausgeglichenen menschen machen.

männer! müsst ihr jemals erklären, wieso ihr nicht mehr zeit mit euren kindern verbringen wollt? empfindet ihr es als nötig, den leuten zu erklären, welche vorteile eine kindertagesstätte für das sozialverhalten eures kindes hat?
fällt es euch aus biologischen gründen leichter, das kind gut umsorgt zu wissen und es zu verlassen, um einer berufstätigkeit nachzugehen? oder fand eure abnabelung schlicht schon ganz zu beginn statt, als ihr eure kinder wenige stunden nach der geburt verliesset, um zu hause zu schlafen? oder fehlt euch die körperliche verbindung der schwangerschaft, der geburt und des stillens, um euch überhaupt als teil einer abnabelung zu fühlen?

ich werde den käfer in den nächsten wochen ein weiteres mal ein wenig abnabeln. es wird neue situationen geben, kleine hürden, aber sicherlich auch neue glücksmomente. ich werde womöglich oftmals leer schlucken - im gegenzug erhalte ich kleine freiheitsstückchen, berufliche wertschätzung und abwechslungsreiche tage.

ich werde mir abgewöhnen, auf die frage, "wann gehst du wieder arbeiten?" mit erklärungen zu antworten. damit gewöhne ich mir gleichzeitig ab, eine situation zu rechtfertigen, die ich für alle beteiligten gut und wertvoll finde.

am 1. september.