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Sonntag, 27. Februar 2011

davor

genau heute vor einem jahr hätte der käfer zur welt kommen sollen. in der fachsprache nennt sich dieses datum "errechneter geburtstermin". ein solches datum entsteht ziemlich zufällig, wenn man bedenkt, dass weibliche zyklen nicht ganz so regelmässig wie mondphasen sind - jedenfalls meiner ist das nicht. dann werden auf einem ultraschallcomputermessgerät zwei punkte fixiert - irgendwo am ende und am anfang eines kleinen crevettchens, das acht wochen alt in einer fruchtblase schwimmt. die verbindung der zwei punkte misst dann eine grösse, die wiederum aufschluss über das genaue (taggenaue!?) alter des crevettchens gibt.
geht man dann von 40 wochen schwangerschaft aus, errechnet sich ein geburtstermin in weiter ferne.

der langen ausführung kurzer sinn: der geburtstermin des käfers war der 27. februar 2010 (da das geburtsjahr des käfers kein schaltjahr war, erübrigte sich die frage, ob er ein glücklicher oder unglücklicher am-29.-februar-geborener werden könnte).

es war ein sonniger tag, wenn doch ein kalter. es war samstag und wir hatten den auftrag, uns in unserem geburtsspital einen termin für eine untersuchung geben zu lassen. die tatsache, dass man dort anrief, um zu fragen, um welche uhrzeit die anwesenden hebammen wohl gerade zeit finden würden, um mich und die käferherztöne zu untersuchen, suggerierte, dass in diesen räumen dinge vor sich gingen, auf die auch M und ich sehnlichst und doch auch etwas ängstlich warteten.

wir bekamen einen termin am späten morgen. es schienen an diesem tag keine mittagskinder erwartet zu werden. und doch war mir etwas mulmig zumute auf dieser gebärstation. wann würde ich hier selber schreien? wie würde das unvorhersehbare realität werden?

wir hielten uns eine stunde in diesen räumlichkeiten auf. 20 minuten lang zeigten die käferherztöne ein gesundes, entspanntes auf und ab. 20 minuten lang zeigte meine gebärmutter bei den messungen, dass sie nicht im geringsten an eine geburt dachte. von wegen errechneter geburtstermin...

ein nettes hebammengespräch und gebärsaalluftschnuppern später kamen M und ich glücklich aus dem gebärsaal heraus. es war eine ausserordentlich nette hebamme gewesen, ein richtiges bärnermeitschi, das sehr pragamatisch und humorvoll mit unserer situation umzugehen wusste. sie war nicht einfach nett, sie machte uns zuversichtlich und gut gelaunt. wir wussten nun, dass es unserem kind gut ging. wir hatten eines dieser kleinen babybettchen gsehen, in dem unser neugeborenes bald liegen würde. und wenn ich an alles dachte, was vor dem "danach" kommen würde, war ich eigentlich auch nicht unglücklich, dass der käfer noch etwas drinblieb und ich ohne schmerzen wieder an die sonne treten konnte.

wir spazierten dann durchs quartier - ich in gemässigtem tempo. wir gingen zu freunden, um babykleider abzuholen und kuchen zu essen. wir gingen in die apotheke, um uns den wehentee mischen zu lassen, den uns die hebamme empfohlen hatte. und wir machten noch einige andere nebensächliche dinge.
rückblickend ist das "davor" ein beinahe nicht beschreibbarer zustand. wir sprachen von vorfreude, von bald-nicht-mehr-warten-können. aber worauf?

die spannenden tage "davor" machten die furcht vor der geburt erträglich, ja, die sehnsucht überrollte die furcht sogar. wir dachten nicht daran, was alles schwierig werden könnte. wir dachten kaum darüber nach, was danach sein würde.
der käfer sollte einfach kommen. schliesslich war es sein termin!

als die liebe hebamme vom hebammengespräch drei tage später zu ihrem nachmittagsdienst erschien, kam sie in unseren gebärsaal und sagte vorwurfsvoll-grinsend: "jetzt hättet ihr also auch noch gerade warten können, bis ich zu arbeiten beginne!!"

Mittwoch, 16. Februar 2011

von metzgern und anderen entwicklungsschritten

nach entwicklungspsychologisch womöglich wichtigen, für uns erwachsenen jedoch unwahrscheinlich anstrengenden wochen mit dem käfer ist am heutigen - anonsten nebensächlichen - tag etwas erwähnenswertes geschehen.

wenn ein kind zur welt kommt, oder eigentlich auch bereits, wenn es im mamabauch heranwächst, werden viele daten erhoben. grösse, lage (im bauch), gelbstich, blutzucker und vieles anderes. die datenerhebung setzt sich dann auf freiwilliger basis fort - als pflichtbewusste mama kann man das heben des kopfes, das erste mal greifen nach der kaffeetasse und das erste gesagte wort (also öuöuö) mit datum erfassen.
später machen die kinder dann sowas ja selbständig in diesen "meine freunde"-bücher, die in der klasse herumgereicht werden. 
lieblingsessen: ketchup mit hörnli
lieblingsserie: spongebob
lieblingstier: ameisli (aber nicht die roten)
undsoweiter.
in dieser kategorie der datenerhebung ist unser käfer ja nun doch noch nicht ganz angelangt. wir stecken eher noch bei den freiwilligen notizen fest, in denen die mama wichtige ereignisse mit datum erfasst.

nun ja. der käfer wird in zwei wochen jährig und für mich als seine mama schwang bei diesem ereignis dann doch das bewusstsein mit, dass wir nun nicht mehr für ein winziges, sondern fortan für ein kleines menschlein sorgen werden. ein kleines kleinkind sei das dann halt - so wäre ich das thema entspannt mit der ersten kerze auf dem geburtstagskuchen angegangen.
2. märz 2011: von nun an kleinkind.

aber am heutigen tag - zwei wochen zu früh - beschloss ein anonymer, netter mann, mittelalterlich und vielleicht mit blutflecken an der schürze, dass er es sein sollte, der den tag bestimmt, an dem der käfer in eine neue phase seines noch frischen leben eintreten sollte.
nichts ahnend ging M, den käfer vor sich hinschiebend, in die quartiermetzgerei einer doch eher ruhigen, womöglich überalterten wohngegend. der metzgermeister - die blutverschmierten, kräftigen hände an der zuvor weissen schürze abputzend, bekam beim anblick der beiden fleischliebenden herren einen sanften gesichtsausdruck. nachdem M seinen einkauf bezahlt hatte, erklang sie, die entscheidende frage: "ist er schon gross genug, um ein scheibchen wurst zu bekommen?"
M bejahte und so schnitt der metzger dem kleinen käfer das erste stück lyoner seines lebens ab.
und der glückliche kleine käfer ass das scheibchen mit grossem genuss.

erste lyonerscheibe vom metzger erhalten: 16. februar 2011